Rechtsreferendariat in einer Stadt am Puls der Zeit: Wahlstation Dubai

PrintMailRate-it

  

Johannes Müller: Dipl.-Jur. Univ., Wirtschaftsjurist (Univ. Bayreuth), absolvierte sein Jurastudium und Rechtsreferendariat in Bayreuth, Nürnberg und Dubai.

 

Meine Wahlstation des Rechtsreferendariats verbrachte ich von Januar bis März 2018 bei Rödl & Partner in der Niederlassung in Dubai. Dubai ist globales Handelszentrum und die größte Stadt der Vereinigten Arabischen Emirate.

 

Wieso Dubai?

Die Wahlstation wollte ich auf jeden Fall im europäischen Ausland verbringen – losgelöst von den Einflüssen des EU-Rechts. Aus juristischer Sicht fand ich es schon immer reizvoll, Einblick in ein arabisches Rechts- und Gesellschaftssystem zu erhalten.

  

Gesellschaftlich ist Dubai aufregend, luxuriös und hochmodern. Wie kaum an einem anderen Ort auf der Erde wird das Zusammenleben verschiedener Kulturen so friedlich und sicher gelebt wie in Dubai. Positiv beeinflusst wurde meine Entscheidung auch von dem angenehmen Klima während der deutschen Wintermonate.

   

Vorbereitungen eines Auslandsaufenthalts im Rechtsreferendariat

Auch wenn die Wahlstation in den meisten Bundesländern nur 3 Monate dauert, erfordert ein Auslandsaufenthalt – unabhängig vom Zielort – einige organisatorische Vorbereitungen. Im Wesentlichen bestehen sie aus der Buchung eines passenden Fluges, der Wohnungssuche und der Bewältigung der vorgegebenen Formalien von Seiten des jeweiligen Bundeslandes. Gegebenenfalls muss auch ein Arbeitsvisum bei den zuständigen emiratischen Behörden beantragt werden.

Daher scheint im ersten Moment die Planung eines Auslandsaufenthalts in den letzten Monaten vor dem schriftlichen Staatsexamen eine zeitraubende Last zu sein. Ich kann jedoch nur dazu ermutigen, die Wahlstation im Ausland zu verbringen, da sich die Gelegenheit zum Ende der juristischen Ausbildung besonders anbietet. Die schriftlichen Prüfungen sind absolviert und bei frühzeitiger sowie langfristiger Planung fällt die Organisation zeitlich auch nicht zu sehr ins Gewicht.  

  

Juristische Arbeit im internationalen Recht bei Rödl & Partner

Das Team des Dubaier Büros von Rödl & Partner berät rechtlich deutsche Unternehmen aus allen Wirtschaftszweigen bei ihren Geschäftsaktivitäten in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE). Schwerpunkte sind dabei das Arbeitsrecht, Aufenthaltsrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie das Steuerrecht.

   

Arbeitssprache und Tätigkeit mit fremden Gesetzen

Kern der juristischen Ausbildung in der Wahlstation ist die Arbeit mit Rechtstexten in einer fremden Sprache samt Subsumtion auf den relevanten Sachverhalt. Kenntnisse der arabischen Sprache in Wort und Schrift sind hier nicht erforderlich. Alle relevanten Gesetzestexte stehen in englischer Sprache zur Verfügung. Positiv überrascht war ich von der Normstruktur. In den VAE sind Normen nicht so abstrakt wie in Deutschland formuliert. Infolgedessen konnte ich mich nach Überwindung der sprachlichen Barriere trotz der knappen Zeit in der Wahlstation relativ schnell einarbeiten. Die Arbeitsergebnisse sind je nach Mandat in deutscher oder englischer Sprache zu fertigen.

  

In öffentlichen Einrichtungen ist die Arbeitssprache ebenfalls überwiegend Englisch. Gerichtssprache ist aber Arabisch, weswegen Rödl & Partner in Dubai nicht forensisch tätig ist. Falls eine Rechtsstreitigkeit nur gerichtlich gelöst werden kann, fungiert Rödl & Partner jedoch als Bindeglied in Form eines sog. „Korrespondenzanwaltes” zwischen dem notwendigen arabischen Prozessanwalt und dem Mandanten.

   

Intensive Einbindung in die Mandatsarbeit

Besonders positiv hervorzuheben ist, dass ich als Rechtsreferendar aktiv in die Mandatsarbeit eingebunden wurde. Rechtsanwältinnen, Rechtsanwälte und Juristische Mitarbeiter der Kanzlei durfte ich zu Terminen bei Banken, Behörden und Notaren begleiten. Zudem nahm ich bei Seminaren und Veranstaltungen der Deutschen Außenhandelskammer sowie an zahlreichen Mandantengesprächen und Telefonkonferenzen teil.

   

Besonderheiten des lokalen Rechtssystems

Als Rechtsreferendar erhielt ich tiefe Einblicke in das lokale Rechtssystem. Zu Beginn der Wahlstation war es als Europäer etwas ungewöhnlich, dass die Arbeitswoche in den VAE von Sonntag bis Donnerstag dauert.

 

Extrem lehrreich waren für mich v.a. der Erwerb von Kenntnissen des lokalen Arbeits-, Gesellschafts- und Steuerrechts. Geregelt ist das Arbeitsrecht der VAE im UAE Labour Law (Federal Law No. 8 for 1980) in einem einheitlichen Arbeitsgesetzbuch. Interessant ist, dass die arbeitsrechtlichen Bestimmungen zum Teil direkt mit Vorschriften aus dem Aufenthaltsrecht zusammenhängen. Beispielsweise erhalten ausländische Arbeitnehmer nur dann eine Aufenthaltserlaubnis, wenn sie über eine Arbeitserlaubnis verfügen.

 

Eine große Besonderheit gegenüber dem deutschen Arbeitsrecht besteht darin, dass bei einer Arbeitnehmer­kündi­gung das Arbeitsverhältnis unabhängig von der Rechtswidrigkeit der Kündigung beendet wird. Demnach gibt es selbst bei Rechtswidrigkeit der Kündigung keinen Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers. In Frage stehen damit nur Abfindungs- oder Schadensersatzansprüche. Auffallend ist mithin die arbeitgeberfreundliche Ausgestaltung des Gesetzes. So sind die Bildung von Gewerkschaften oder Streiks nicht erlaubt. 

 

Schwerpunkt der Tätigkeit von Rödl & Partner ist die rechtliche Begleitung deutscher Unternehmen jeder Größe bei ihren Investitionen und wirtschaftlichen Tätigkeiten in den VAE. Möchte sich ein deutsches Unternehmen in Dubai wirtschaftlich betätigen, ist ein Gegenstand der juristischen Beratung, ob eine Niederlassung im Staatsgebiet (Mainland) der VAE oder in eine der zahlreichen sog. Freihandelszonen errichtet werden soll. Freihandelszonen befinden sich zwar räumlich in Dubai, stellen jedoch Sonderwirtschaftszonen mit eigenständiger Rechts- und Verwaltungsordnung dar.

 

Ausländer und ausländische Unternehmen können sich außerhalb von Freihandelszonen lediglich als Minderheitsgesellschafter an lokalen Gesellschaften beteiligen. Demnach sind mindestens 51 Prozent des Gesellschaftskapitals einem Staatsangehörigen der VAE oder einer zu 100 Prozent in emiratischen Eigentum stehenden juristischen Person zu überlassen (sog. Lokalbeteiligungsprinzip). Rödl & Partner unterstützt seine Mandanten auch bei der Suche eines passenden emiratischen Geschäftspartners. Demzufolge gestaltet sich das Verhältnis Rechtsanwalt/Mandant im internationalen Recht wesentlich enger als in Deutschland. Um einen erfolgreichen Markteintritt zu garantieren, sind Kenntnisse der Arabischen Business-Etikette unentbehrlich. Um einen emiratischen Mehrheitsgesellschafter zu gewinnen, muss der deutsche Minderheitsgesellschafter zunächst eine solide Beziehungsebene zu diesem aufbauen. So gilt im arabischen Business anders als in Deutschland: „Family and Friends first, Business is personal”. Noch vor Ausarbeitung des Businessplanes müssen sich die deutschen Unternehmensvertreter persönlich überzeugend gegenüber dem potenziellen emiratischen Geschäftspartner verkaufen.

 

Beschließen der deutsche und der emiratische Geschäftspartner eine Zusammenarbeit, war es u.a. Aufgabe im Rahmen des set-ups ein sog. „Shareholder Agreement” zu entwerfen.

 

Wesentlicher Investitionsanreiz für die Niederlassung einer Unternehmung in einer Freihandelszone ist der dortige Entfall des Lokalbeteiligungsprinzips. Die Unternehmen können dort in den Bereichen Handel, industrielle Produktion und Dienstleistung tätig werden. Hierfür werden von den jeweiligen Freihandelszonenbehörden gegen Zahlung einer jährlichen Gebühr Lizenzen ausgegeben. Im Gegenzug dazu locken 100 Prozent Kapital- und Gewinnrepatriierung, Zollbefreiung und für einen garantierten Zeitraum keine Körperschaftssteuern.

 

Da in den VAE zum 1. Januar 2018 nach europäischem Vorbild eine Mehrwertsteuer (Value Added Tax) in Höhe von 5 Prozent eingeführt wurde, bestand auch in diesem Rechtsgebiet intensiver Beratungsbedarf. Neben der Begleitung des Mandanten bei Vornahme der verpflichtenden Registrierung bei der Federal Tax Authority ab einem gewissen Jahresumsatz war einer der Beratungsschwerpunkte, inwieweit in Folge von Warenströmen zwischen der deutschen Muttergesellschaft und der lokalen Niederlassung die Mehrwertsteuer anfällt. Auch hier ergaben sich unterschiedliche Auswirkungen zwischen „Mainland”- und Freihandelszonengesellschaften.

 

Verknüpftes Denken zwischen den Rechtsgebieten ist mithin auch innerhalb der Rechtsordnung der VAE unentbehrlich.

 

Wohnen und Leben in Dubai

Der Wohnungsmarkt ist in Dubai relativ entspannt, jedoch wesentlich teurer als in Deutschland. Als Ausgleich hierzu bietet die Stadt jedoch eine sehr hohe Lebensqualität! In der Freizeit und an den Wochenenden locken die Dubai Mall, die Mall of the Emirates oder einer der zahlreichen Strände.

  

In den Vereinigten Arabischen Emiraten ist der Islam die offizielle Religion. Gleichwohl ist die Gesellschaftsordnung für ein islamisches Land liberal. Beispielsweise gibt es in Dubai keine islamische Bekleidungsvorschrift. V.a. Rechtsreferendarinnen kann ich ermutigen nach Dubai zu gehen! Frauen werden mit Respekt und in Behörden mit Priorität behandelt, nach Wunsch gibt es für Frauen eigene Taxen und in der sehr sauberen Metro eine Women & Children Cabin.

 

Fazit

Neben den interessanten juristischen Einblicken in das emiratische Recht erhielt ich umfassende Kenntnisse der emiratischen Gesellschaftsordnung. Prägend war für mich auch das Leben in einer prosperierenden und futuristischen Stadt. Obgleich der juristische Arbeitsmarkt in Deutschland stark durch das nationale Recht geprägt ist, sind interkulturelle Erfahrungen im Ausland im Zuge der immer stärker werdenden internationalen ökonomischen Verflechtungen unentbehrlich.

 

In besonderer Weise bedanke ich mich für die freundlichen und hilfsbereiten Kolleginnen und Kollegen von Rödl & Partner!

  

Bei Interesse an einer Tätigkeit als Rechtsreferendar in Dubai stehe ich sehr gerne für Rückfragen per E-Mail (Johannes.Mueller90@gmx.de) zur Verfügung. 

Befehle des Menübands überspringen
Zum Hauptinhalt wechseln
Deutschland Weltweit Search Menu