Debattierfähigkeit und ein aufmerksamer Geist: Insolvenzrecht in Italien

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veröffentlicht am 2. November 2021

 

Seit Januar 2017 arbeite ich als Rechtsanwältin bei Rödl & Partner im Büro Padua. Ich bin Associate Partner und gehöre zum Litigation-Team von Giovanni Montanaro. Gemeinsam mit einem jungen Kollegen widme ich mich nicht nur Rechtsstreitigkeiten, sondern beschäftige mich auch mit Umstrukturierungen.

Entscheidung für Rödl & Partner und Karriere-Laufbahn

Ich bin zu Rödl & Partner gekommen, nachdem ich mehr als zwanzig Jahre lang in einer sog. „Boutique-Kanzlei” in Padua gearbeitet habe, in der ich mich mit Rechtsstreitigkeiten und Insolvenz/Umstrukturierung befasst habe. Als ich mein Jurastudium begonnen hatte, bestätigte sich mein Wunsch, Juristin zu werden. Da ich mich zugleich sehr für Wirtschaftsthemen interessierte, legte ich dort meinen Schwerpunkt. Für Studierende im Fachbereich Jura ist das nicht besonders üblich, da sie gern „wirtschaftliche" Prüfungen in ihrem Lehrplan umgehen.

 
Einer der Gründe, der mich – wenn auch verspätet – dazu gebracht hat, mich für Rödl & Partner zu entscheiden, ist sicherlich der internationale bzw. breit gefächerte Charakter, der die DNA des Unternehmens ausmacht; ebenso begeistert mich die Interdisziplinarität. Dadurch hat man tagtäglich die Möglichkeit, mit Kolleginnen und Kollegen aus verschiedenen Kulturen zu unterschiedlichen Themen zusammenzuarbeiten.

 
Zudem hatte ich das Glück, in die Praxisgruppe Insolvenz (wie auch in die Praxisgruppe Rechtsstreitigkeiten) aufgenommen zu werden. Das ermöglicht es mir, insbesondere innerhalb der Europäischen Union andere rechtliche Gegebenheiten und unterschiedliche sozioökonomische Kontexte kennenzulernen: Gerade im Insolvenzrecht spielt der soziale Bezugskontext eine wichtige Rolle – das empfinde ich schon immer als sehr spannend.

 
Der Praxisgruppe gehören nicht nur Juristen an, sondern auch andere Fachleute, was die Interaktion zwischen Kollegen, die sich mit demselben Thema aus unterschiedlichen Blickwinkeln befassen, noch anregender und bereichernder macht. Wie ein Sprichwort sagt: Wenn man glaubt, etwas zu wissen, muss man es immer aus einer anderen Sichtweise betrachten. Für Juristen ist das z.B. die Perspektive des Wirtschaftsprüfers (und umgekehrt); beides Fachleute, die zwar einen ähnlichen universitären und beruflichen Hintergrund aufweisen, aber dennoch eine andere Herangehensweise an Problemstellungen verfolgen.

 
Auch der regelmäßige Dialog mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Ländern eröffnet neue Sichtweisen und hilft, die Komplexität rechtlicher Fragestellungen zu reduzieren. Bei der Kommunikation in einer anderen Sprache ist es wichtig, dass man  rechtliche Begrifflichkeiten klar und unmissverständlich ausdrücken kann.
Ein sehr bedeutender Moment in meiner Karriere-Laufbahn war meine Beförderung zum Associate Partner im ersten Jahr nach meinem Eintritt bei Rödl & Partner: Dadurch habe ich mehr Verantwortung erhalten und wurde noch stärker in die Unternehmensaktivitäten eingebunden.

 

Auswirkung der Pandemie auf Gerichtsverfahren in Italien

Das Aufkommen der Pandemie hat zu einem unbestreitbaren Rückgang bei der Einleitung von Gerichtsverfahren geführt – gerade im Insolvenz-Bereich. Ich erinnere bspw. daran, dass in Italien u.a. die Unzulässigkeit von Konkursverfahren, die Aussetzung der Verpflichtung zur Kapitalaufstockung von Unternehmen und des Auflösungsgrundes für Unternehmen bei einer Herabsetzung des Aktienkapitals unter das Minimum sowie die Aussetzung der Bewertung der Unternehmensfortführung eingeführt wurden. Das hatte einen betäubten Markt bzw. zu einen temporären Rückgang der Zahl an Konkursverfahren zur Folge. Es ist sehr wahrscheinlich, dass es zu einem starken Anstieg der Konkurstransaktionen kommen wird, sobald das künstliche Gleichgewicht des Marktes aufgehoben wird – mit unabsehbaren Auswirkungen auf den Unternehmensmarkt.

 
Die Tendenz wird durch das derzeit in Italien herrschende Regelungsgefälle und durch die jüngste Verabschiedung eines weiteren Gesetzesdekrets (24. August 2021, Nr. 118) bestätigt. In Erwartung des Inkrafttretens des Insolvenzkrisengesetzes (das das während der faschistischen Ära 1942 verabschiedete Konkursgesetz ersetzen sollte), wurden eine Reihe von Neuerungen und zuletzt „die Verhandlungslösung” als neues Instrument eingeführt. Letztere soll die Sanierung von Unternehmen erleichtern, die sich in einer solchen finanziellen oder wirtschaftlichen Schieflage befinden, die eine Krise oder Insolvenz wahrscheinlich machen, aber zugleich das Potenzial haben, auf dem Markt zu bleiben.

 

Debattierfähigkeit schulen

Meine Arbeit bei Rödl & Partner ermöglicht es mir, mich als Rechtsanwältin weiterzuentwickeln. Der Anwaltsberuf erfordert auch eine soziale Kompetenz: So ist es notwendig, einer Partei emphatisch die Sichtweise ihres Gegenübers zu vermitteln.

 
Doch müssen Juristen debattierfähig und geistig beweglich sein. Sie müssen studieren und sich auf dem Laufenden halten, um ihre Dialogfähigkeit zu fördern und sich darin üben, ihren Geist offen und kreativ zu halten. Davon war ich immer überzeugt und ich freue mich, dass Rödl & Partner und ich diese Philosophie teilen – in dem großartigen Bewusstsein, dass Kompetenz notwendigerweise mit Unternehmertum sowie einer innovativen Herangehensweise verbunden sein muss.

 
Abschließend möchte ich junge Kolleginnen und Kollegen, die den Anwaltsberuf ergreifen, an einen Vers aus Alice im Wunderland (L. Carrol) erinnern: Alice sagt zur Grinsekatze:

„Würdest du mir bitte sagen, welchen Weg ich von hier aus gehen soll?".
„Das hängt sehr davon ab, wo du hin willst... ", antwortet die Katze.

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